Mit der Dunkelheit schien auch die Stille plötzlich drückender. Grabestille. Finlay musste die Ohren spitzen, um Theudis auf der anderen Seite der Grube auch nur atmen zu hören.
Einen Atem außer dem eigenen zu hören—mehr Trost gibt es auf Erden nicht, unter Fremden... Doch dann stieg schon wieder die Panik in ihm hoch und ließ ihn am ganzen Leib zittern. Finlay ging in die Knie. Jetzt nur schnell, solange er seine Sinne noch beisammen hatte! Gar nichts anderes denken außer...
Das hier ist für dich, Naderi. Es ist nicht viel, ich weiß. Verzeih mir bitte. Ach, ich wollte dir doch mehr geben, aber nun ist alles, was ich dir noch geben kann, ein Lied und mein Leben. Nimm beides als Zeichen meines festen Glaubens an dich und sei meiner Seele gnädig!Vielleicht war es seine Göttin, die ihm zu Hilfe kam, denn es gelang ihm tatsächlich, die Gruft um ihn herum zu vergessen und auch den Begleiter, den er erst so kurze Zeit kannte. Auch den Berg über ihnen vergaß Finlay, dachte nur an Rhianna. Ging in Gedanken all die schönen Augenblicke mit ihr durch. Noch immer hielt er den Beutel, in dem sich ihre Locke befand, mit der Linken umklammert.
Er ist im Freien. Über ihm erstreckt sich der Sternenhimmel in all seiner Pracht und Unendlichkeit. Der Wind rauscht in den nahen Bäumen und Sträuchern, der Bach plätschert, das Gras duftet von der schwülen Hitze des vergangenen Tages, der Bach aber riecht frisch und kühl. Das folgende Lied hatte Rhianna ebenfalls sehr gemocht, wenn er es für sie sang, auch wenn sie kein Wort verstand und er es ihr auch nicht übersetzt hatte. Nur ein wenig enttäuscht war sie gewesen, dass kein Zigeuner darin vorkam. Aber es geht um Liebe darin, nicht wahr? hatte sie gefragt. Sag, dass es um Liebe geht! Ja, hatte er gesagt, es geht um Liebe. Eine sehr große, sehr schöne Liebe! Und wir zwei, wir sind Königskinder darin.
Diesmal war es das richtige Lied, das wusste er schon nach der ersten Zeile. Zwar bekam er noch immer kaum Luft, blieben Brust und Kehle ihm eng in dieser Enge, weswegen er doppelt so oft nach Luft schnappen musste wie normal und oft an ganz unpassender Stelle. Davon abgesehen aber war es (in seinen Ohren) ein schöner, klarer Gesang, den er mit immer größerer Zuversicht vortrug. Einen Tempel hätte Finlays Stimme ausgefüllt! Sanft schwebende Töne formten eine Melodie, deren Melancholie Herz und Seele ergriff.
[1]"Había dous nenos reais que se amaban moito.
Eles non podían unirse, a auga era moi profunda.
»Oh, querido, pode nadar? Entón nade, oh, nade ata min!Dúas velas vou acender para que che mostrar o camiño.« (Anzeigen)Había unha falsa monxa que actuou como se estaba durmindo.
Ela borrou as velas e o mozo afundiu no lago profundo.
E cando o mozo se afogou, en terra a nena gritou e chorou.
Con bágoas nos ollos, ela bateu na porta da súa nai.
»Oh nai, miña querida nai, a cabeza me doe tan mal.
Quero dar un paseo á lago profundo, oh tan profundo.«
»Oh filla, filla querida, non debe ir só.
Tomé o teu irmán máis novo e debe ir con ti.«
Oh nai, querida nai, meu irmán aínda é un neno
que vai tirar todas as aves que están na charneca."
"Oh filla, filla querida, non debe ir só.
Tomé a túa irmá máis nova e debe ir con ti."
"Oh nai, querida nai, miña irmá aínda é unha nena
que vai escoller todas as flores que están na charneca."
A nai ía á igrexa, a filla foi o seu camiño.
Ela camiñou ata ela coñeceu o pescador.
»Oh pescador, pescador, quere gañar unha gran recompensa?
Entón xogue túa rede na auga e peixe para min o fillo do rei!«
El baixou a rede na auga e levou-a no seu barco.
El pescou e pescou ata que viron o fillo do rei.
Entón ela colleu da súa cabeza unha coroa de ouro moi preciosa.
»Mira, ti nobre pescador, esta é a túa recompensa merecida.«
Entón ela tirou do seu dedo un anel de ouro tan fermoso.
»Mira, ti pobre pescador, merca pan para os teus fillos.«
Ela tomou-o nos brazos e bicou súa boca pálida:
»Oh, boca doce, podería falar, meu corazón será todo.«
Ela virou o abrigo e saltou ao mar co seu amante:
»Boa noite, meu pai e miña nai, que me ver nunca máis!«
Un pouco máis tarde, cando as campás tocaron,
Comezou un gran grito e un lamentação,
Porque había dous nenos reais na morte unidos,
Xa que nada senón a morte puido unir-los."[2] Als Finlay endete, lächelte er, auch wenn es niemand außer seiner Göttin sah. Wie er den Klängen seines Liedes nachhorchte, die über ihm noch bis an das Himmelsdach zu hallen schienen, da hörte er auch ihr Flüstern aus dem Wasser.
"Komm, mein Bräutigam", säuselte es.
"Komm zu mir, dann findest du Ruh!" Noch immer lächelnd packte er den Dolch fester, murmelte ein letztes Mal Rhiannas Namen, und...
Da verwandelte die lieblich säuselnde Frauenstimme sich in eine ruppige Männerstimme. Eine Männerstimme noch dazu, die sich über schlechten Gesang beschwerte.
Mein Gesang? fragte Finlay sich verwirrt.
Was geht ihn das an! Er soll mich hier die Sache in Ruhe zu Ende bringen lassen, dann hat er früh genug seine Ruh. Können Ghoule reden? Schlau genug dazu wären sie. Vorhin, da haben sie ja bloß geknurrt und gegrunzt, aber wer weiß, wieviel davon eigentlich Zwergensprache war. Jetzt haben sie vielleicht einen herbeigeholt, der auch Handelssprache kennt. Oder ist's ein Kobold? Aber der hätte keine so tiefe Stimme, wie sollte das gehen, bei dem winzigen Körper? So oder so, was faselt er von Zeit, als hätte er's eilig? Vielleicht... doch jemand, der ebenfalls die Kinder sucht? Es sind ja schließlich fünf Kinder verschwunden, die anderen Eltern werden ja nicht noch untätiger herumgesessen haben als der Holzfürst. Entweder, sie haben auch jemanden losgeschickt, oder es sind dort oben die Eltern selbst!
Und wenn's doch die Ghoule sind? Aber der Zeitpunkt... nein, es ist wohl eher ein Zeichen... Naderi will mich aus ihrem Dienst noch nicht entlassen, ich habe noch nicht genug geleistet, um mir die Ewigkeit in den Armen der Liebsten verdient zu haben... Außerdem ist mir der Fluss schon mit vier Jahren versprochen worden!"Wir sind hier unten!" rief Finlay also.
"Vorsicht, Falle! Der Boden klappt runter. Und bei euch weiter den Gang runter, im letzten Raum, sind Zwergenghoule. Mindestens fünf. Passt bloß auf, die sind verdammt schlau! Wir haben sie zu fünft nicht gepackt. Holt uns hier raus! Außer mir ist hier noch einer, der gern eine zweite Runde mit den Mistviechern wagen würde und seinen Freund William aus ihren Bäuchen herausschneiden!"