Als Basilio näherschleicht, zieht er seinen Dolch.
[1] Nur ein toter Kargi ist ein guter Kargi, wusste er schon als kleiner Junge. Misstrauisch sieht er sich nach allen Seiten um. Was macht der Kargi hier, sind andere in der Nähe? Sieht es so aus, als sei er nach Kezhdal unterwegs (dann wäre er draußen verletzt worden und auf dem Weg ins rettende Dorf zusammengebrochen) oder als käme er von dort (dann ist er vielleicht ein Ausgestoßener)? Ersteres, wenn Basilio das richtig deutet.
In zwei Schritt Entfernung—die Grünhaut scheint ihn noch nicht gehört zu haben—geht er in die Hocke und überlegt. Der Feind ist offenbar schwer verletzt. Basilio ist kein Feldscher, aber er schätzt, dass der Krieger dort es ja wohl noch bis in das nahe Dorf geschafft hätte, wenn er es mit dem Verrecken nicht ernst meinte. Ein Nachhelfen erscheint überflüssig. Wenn der Kerl gefunden wird, kann es für Basilios Pläne nicht hilfreich sein, dass die Kargi sich fragen, wer ihm denn, so nah an ihrem Dorf, die Kehle durchschnitten habe. Basilio unterdrückt also seinen ersten Impuls und beschließt, einfach weiter zu schleichen.
Doch dann kommt ihm eine Idee. Eine Idee, auf die keiner seiner Kameraden jemals verfallen wäre. Vielleicht eine spinnerte Idee. Gewagt jedenfalls. Gelingt sie ihm, wird er in kürzester Zeit mehr erfahren, als wenn er dreimal um das Dorf herumschleicht. Missglückt sie aber—wie ihm bisher auf seiner Reise alles missglückt ist—dann wird er die Hochzeit seiner Schwester wohl verpassen, weil er nämlich tot ist.
Was meinst Du, Delneb? Soll ich's wagen? Irgendwann muss das Blatt sich doch wenden. Man kann nicht nur Pech haben. Wer nie was riskiert, wird nie etwas großes erreichen, wird zeitlebens Mittelmaß bleiben!Noch immer unschlüssig, wägt Basilio den möglichen Vorteil gegenüber den zu erwarteten Problemen und Komplikationen ab. Die offensichtlichsten betreffen die praktische Durchführung: Wird die Grünhaut ihn an sich heranlassen? Wird Basilio den Verletzten auf die Beine bekommen? Er bezweifelt, dass er den massigen Kerl wird tragen können, und sein Pferd hat er am Waldrand zurückgelassen. Das größte Problem aber ist: was, wenn die Grünhaut stirbt, bevor man das Dorf erreicht? Wenn Basilio ausgerechnet dann erwischt wird, einen toten Feind im Gepäck...
Andererseits: wegen seiner spinnerten Ideen ist er ja schließlich hier und nicht wie seine Kameraden
dort. Obwohl er gerade in diesem Augenblick besonders gern
dort wäre.
Basilio steckt also den Dolch weg und räuspert sich.
"Euch kann helfen?" fragt er auf Kargi, wobei er so tut, als spräche er es nur gebrochen. "Helfen zu kommen in Eures Dorf, ja? Bin Freund. Will helfen."